Wie geht's Jaguar und Land Rover unter der Führung von Tata ?

Ende März 2008 erwarb Indiens Industrie-Tycoon Ratan Tata die britischen Kronjuwelen Jaguar und Land Rover - Zeit für eine Bestandsaufnahme.

Vor zwei Jahren hatten böse mediale Zungen wieder einmal Hochsaison: Indien - in Gestalt von Ratan Tata, einer der wirtschaftlichen Führungsfiguren des Riesenlandes - habe sich am Britischen Empire für Jahrhunderte des Kolonialismus gerächt. Der ehemalige David (inzwischen längst zum Goliath mutiert) kaufte um 1,6 Milliarden Euro die automobilen Kronjuwelen Jaguar und Land Rover.

Es war ein weiterer Schlag für die stolzen Briten, nachdem sich Erzfeind Deutschland schon an Rolls-Royce, Mini und Bentley bedient hatte. Doch Ratan Naval Tata ist nicht Ferdinand Piech. Während der VW-Patriarch knallhart die Linie für jedes einzelne der zahlreichen Konzernunternehmen vorgibt, hält sich der parsisch-stämmige Inder nobel zurück. Dieter Platzer, Sprecher von Jaguar und Land Rover Österreich, bringt es auf den Punkt: "Tata gewährt uns maximale Freiheit, will aber einmal pro Jahr Zahlen sehen." Zu diesem Zweck installierte man bei der automobilen Tochterfirma Tata Motors (zu ihr gehören die Briten-Marken) einen Finanzchef, der quasi als menschlicher Computer Zahlen mit möglichst schwarzer Grundfarbe an Indien berichtet - was nach einem holprigen Start 2008 seit dem 3. Quartal 2009 auch wieder der Fall ist -, sowie kürzlich Ralf Speth als neuen Markenverantwortlichen. Speth kam vom Linde-Konzern und ging damit beim ehemaligen BMW- sowie Jaguar/Land Rover-Boss Wolfgang Reitzle in die Schule. Eine Etage höher sitzt als Leiter von Tata Motors eine weitere schillernde Figur: Carl-Peter Forster. Der Deutsche war jahrelang Europa-Chef von General Motors und schied im Unfrieden, als die Amerikaner Opel doch nicht an Magna verkauften. Forster wäre als Führungsfigur der Marke mit dem Blitz vorgesehen gewesen.

Jaguar lr tata(Bildquelle: Jaguar)

Generell sollte man die indische Power nicht in typisch europäischer Automobil-Arroganz ("Wer hat’s erfunden?") und angesichts europäischer Chefs unterschätzen - immerhin ist Tata Motors drittgrößter Lkw-Produzent und gar größter Autobus-Hersteller der Welt. Dieter Platzer dazu: "Tata Motors ist gut zwanzig mal so groß wie Jaguar/Land Rover". Und: "Wenn die Inder ein Unternehmen kaufen, tun sie das ohne große Emotionen und richten ihren Blick fast nur in Richtung des möglichen Potenzials" - das sie bei Jaguar/Land Rover offensichtlich gesehen haben.

Auch die Händlerseite ist guter Dinge: Josef Schirak, Spartenobmann des Handels der Wirtschaftskammer Niederösterreichs und langjähriger Jaguar/Land Rover-Händler - er hat vor kurzer Zeit den Automobilhandel an seinen Sohn Werner abgegeben - sieht keine Schrumpfung, sondern möglicherweise sogar ein Wachstum. Denn, so Schirak: "Das Marken-Netz war bis jetzt bereits sehr restriktiv. Wir hoffen sogar auf eine Erweiterung." Wie er darauf kommt? Nun, Jaguar wird als kleiner Autohersteller nicht nur sein Händlernetz, sondern auch seine Produktpalette in Bälde erweitern müssen, zum Beispiel um einen SUV.

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