30 Jahre Mercedes S-Klasse W 126

Da war für S-Klasse-Kunden noch alles in Ordnung: Der W 126 wurde zur erfolgreichsten großen Limousine aus dem Hause Mercedes.

Mit der Baureihe W 126 ist vor 30 Jahren die erfolgreichste Oberklasselimousine in der Unternehmens- geschichte von Mercedes-Benz auf die österreichischen Straßen gerollt. Fast 900.000 Fahrzeuge wurden bis zum offiziellen Produktionsende im Jahr 1991 gefertigt.

Offiziell beginnt die Geschichte der S-Klasse mit der Baureihe W 116 ab 1972. Bei ihr wird die Typenbezeichnung erstmals erwähnt. Inoffiziell begann die Geschichte der großen Nachkriegs-Mercedes schon früher: Im Jahr 1951 wurde der 300 S vorgestellt, gerne auch nach einem Benutzer "Adenauer-Mercedes" genannt. Es ging nicht nur mit Gravitas, die Ahnenreihe der S-Klasse beinhaltet auch so rasante Fahrzeuge wie den 300 SEL 6.3 mit mächtigem V8-Motor und damals sportwagenhaften 250 PS aus dem Jahr 1968; in der Nachfolger-Modellreihe W 116 legte der 450 SEL 6.9 ein Schäuferl nach und operierte mit knapp 290 PS.

Die Siebziger-barocke Vorgängerversion W 116 wurde erstmals werksseitig als "S-Klasse" bezeichnet, Krankenkassen-Profis werden das leicht als "Sonderklasse" deuten. Sie war noch gar nicht am Markt, als im Herbst 1971 die ersten Entwicklungsarbeiten für den W 126 begannen. Beeinflusst wurde die Entwicklung vom Ölschock der frühen 1970er-Jahre: Auch im Luxussegment waren Spritfresser plötzlich verpönt. Andererseits durfte die S-Klasse auf keinen Fall kleiner oder gar spartanischer werden; ein Downsizing kam für die Entwickler um den Designer Bruno Sacco und den Cheftechniker Werner Breitschwerdt überhaupt nicht in Frage.

Dennoch erzielten sie eine deutliche Absenkung des Fahrzeugge-wichtes. Am Ende waren je Modell selbst in der Grundausstattung bis zu 280 Kilo abgehungert. Außerdem wurde die Aerodynamik verbessert, der cW-Wert von 0,36 war beim Debüt der Weltrekord für Limousinen. Dennoch war der W 126 eindeutig als Nachfolger des 116 zu erkennen - auch wenn der deutlich reduzierte Chromzierrat manchen Kunden zunächst enttäuschte. Den Erfolg schmälerte dies ebenso wenig wie die 1985 eingeführten Radkappen aus Polyamid, die die edelstählernen ablösten. Die damalige "neue Nüchternheit" (die Postmoderne ließ noch auf sich warten) machte sich auch im Luxusbereich bemerkbar. Das Facelift Mitte der 80er brachte jedoch auch Änderungen unter der mächtigen Motorhaube, als der durch einen Vergaser genährte Sechszylindermotor von einem Einspritzer mit kleinerem Hubraum abgelöst wurde.

Vollmundige Spötter in den Reihen deutscher Fachkommentatoren nannten die ursprüngliche Einstiegsvariante 280 S mitunter das "Kolonialmodell", da sie vor allem in jenen Ländern begehrt war, in denen eine damals kompliziert anmutende Einspritzanlage die Kundschaft eher abschreckte. Alle anderen Modelle des W 126 hatten Einspritzmotoren und das entsprechende Kürzel SE - mit Ausnahme des nur für den Export gebauten 300 SD. Das D steht für Diesel und war fast ausschließlich in Nordamerika zu sehen, während ein potenter V8-Benziner hier wie dort das obere Ende der Skala markierte. Er schöpfte 221 kW / 300 PS aus 5,6 Litern Hubraum. Angeboten wurde der W 126 zunächst als viertürige Limousine. Der mit den schwächsten Motorisierungen nicht erhältliche SEL (ja genau, L für "lang") verdankt seine Modellbezeichnung dem um 140 mm verlängerten Radstand. Die Passagiere im Fond wussten den Raumgewinn zu schätzen. Im Herbst 1981 wurde außerdem das Coupé C 126 vorgestellt; die Modellbezeichnung war folglich SEC.

Manche beim W 126 eingeführten Innovationen hielten erst Jahre später Einzug in andere Fahrzeugklassen. Der ab 1981 erhältliche Airbag ist so ein Beispiel. 1987 folgte der Beifahrerairbag und die Antriebsschlupfregelung, während der 300 SDL schon wieder auslief - er war das erste Dieselfahrzeug mit serienmäßigem Partikelfilter. Staatsoberhäupter (darunter auch UHBP) vertrauten auf die repräsentative S-Klasse ebenso wie ihre Beschützer. Panzerungen wurden ab Werk geliefert, für Polizeizwecke gab es eine sogenannte Sonderschutz-Ausführung. Der W 126 und C 126 wurden, genau wie andere Luxusfahrzeuge, auch gern oft zum "Opfer" von Tuningfirmen und Veredlern (?) mit Kundenkreis von Amerika über den Mittleren Osten bis Japan. Firmen wie AMG, Sbarro oder Koenig lieferten auf Wunsch und gegen hohes Schmerzensgeld Leistungssteigerungen und Karosseriemodifikationen bis zum atemberaubenden Breitbau. Letztlich lief der W 126 am Ende mehr als zwölf Jahre lang vom Band. Offiziell geschah der Modellwechsel zum wuchtigen und ob seiner optischen wie tatsächlichen Masse scharf kritisierten Nachfolger W 140 im Jahr 1991, es wurden aber noch einige gepanzerte Fahrzeuge gebaut, eine kleine Reststückzahl wurde auch in Südafrika montiert. 818.066 Limousinen liefen insgesamt vom Band. Angesichts heutiger Modellhektik, auch bei Mercedes, wirken solche Zahlen wie aus einer anderen Welt.

mid/wa, jg