Range Rover 3.6 TDV8 Vogue im Test

Das Facelift des Range Rover spielt sich vor allem innen ab: TV für den Beifahrer, fünf Kameras zum Rangieren - Offroad-Herz, was willst du mehr?

SUV’s gibt’s viele, ein derart elegantes und edles Auftreten wie der Range Rover hätten sie aber alle gern. Auch wenn hier nicht von britischem Understatement die Rede ist und mehr geklotzt denn gekleckert wird, dem Range nimmt man das nicht krumm. Er wirkt nicht wie mancher Konkurrent künstlich aufgeblasen, vielmehr umgibt ihn eine Aura, die etwas sehr majestätisches an sich hat. Er scheint dafür bestimmt, die Royals auf dem Weg durchs Unterholz zu beschützen, komme was wolle.

Auf den ersten Blick ist der Modelljahrgang 2010 wohl nur von echten Kennern auszumachen. Erst nach und nach entdeckt man neue Features, die mit dem zarten Facelift Einzug gehalten haben. Bevor wir noch den Zündschlüssel in Händen halten, müssen wir allerdings ob des Preises unseres Testautos schlucken. 120.650 Euro stehen da unterm Strich. Feinste Ware, ohne Zweifel. Der Basispreis des Range Rover 3,6 TDV8 Vogue beträgt bereits 110.600 Euro, weitere zehn Tausender fließen in eine Standheizung, einen adaptiven Tempomaten, ein ebenso adaptives Dämpfersystem, einen Dual-View-Touchscreen, automatisch abblendende Außenspiegel, Sitzheizung/Sitzkühlung, Privacy Glass und Metallic-Lack.

Wir übernehmen ehrfürchtig unseren Test-Range und stellen gleich einmal fest: Warum hat das Auto zwar einen schlüssellosen Startknopf, nicht aber eine schlüssellose Ver- bzw. Entriegelung? Das ist zugegeben Jammern auf hohem Niveau, aber bei diesem Preis… Zurück zum Weihnachtsfrieden: Wir erklimmen den Fahrersitz und sofort sticht uns eine grundlegende Änderung des neuen Modells ins Auge. Dort wo früher analoge Armaturen über Geschwindigkeit, Drehzahl, Tankinhalt etc. informiert haben, ist nun ein TFT-Display untergebracht. Dieses Display - Land Rover spricht von einer Weltneuheit - zeigt auf seinen 12,3 Zoll zunächst einen Willkommensbildschirm. Während die einen darin den Vorspann von Knight-Rider erkennen, sehen andere eine romantische Abendstimmung. Wie auch immer, sobald man den Startknopf drückt, rückt die Realität auf den Schirm.

Den virtuellen Tachometer sowie den Drehzahlmesser kann man sogar mit - ebenfalls virtuellem - Schatten versehen, man gewöhnt sich jedenfalls schnell an den Anblick. In den Tiefen des Menüs lassen sich auch andere Einstellungen und Features einblenden; bei erhöhtem Platzbedarf der Grafiken rutschen Tacho und Drehzahlmesser sogar auseinander.

Großes Kino also im großen Range Rover. Doch damit nicht genug: das wohl beste Feature, zumindest für Beifahrer, ist der Dual-View-Touchscreen. Wer das TV-Modul geordert hat, konnte aus Sicherheitsgründen bis dato immer nur im Stand dem Fernsehbild frönen, während der Fahrt konnte man quasi nur "fernhören". Jetzt ist alles eine Frage des Blickwinkels. Denn während der Fahrer z.B. die Karte eingeblendet bekommt, sieht man vom Beifahrersitz aus auch während der Fahrt das Fernsehbild. Bilder liefert übrigens auch der Range Rover selbst. Nicht weniger als fünf Kameras - zwei vorne, zwei im Bereich der B-Säule und eine im Heckbereich - liefern eine Rundumsicht aufs Display. Was zunächst als Spielerei verurteilt werden könnte, hat aber auch praktischen Nutzen. Einerseits haben all jene Leute, die mit ihrem Range Rover tatsächlich in ernsthaftes Gelände fahren, einen guten Blick auf etwaige Hindernisse. Andererseits - und das ist wohl mit Sicherheit das Haupteinsatzgebiet - hilft das System z.B. in engen Tiefgaragen.

So hat man dank der oben in den B-Säulen angebrachten Kameras aus der Vogelperspektive ein Auge auf die Vorderräder. Kollisionen mit Randsteinen werden vermieden, die 19-(oder Mehr-)zöller werden nicht verkratzt. Und auch Anhänger von Anhängern dürfen sich freuen, die Rückfahrkamera dient zugleich als Rangierhilfe, das Rangieren wird deutlich erleichtert. Beim Achtzylinder Turbodiesel-Triebwerk hat sich indes nichts geändert, die 272 Pferde sorgen in Kombination mit der Sechsgang-Automatik für standesgemäßen Vortrieb, on- und offroad. Stichwort offroad: das Terrain Response Control System wurde abermals verfeinert, die Bremsen packen zudem noch kräftiger zu.

Wer die Maximalbeschleunigung von 9,2 Sekunden auf Tempo 100 km/h öfter auskostet, der kommt mit dem werksseitig angegebenen Verbrauch von 11,1 Liter (294g CO2 / km) nicht über die Runden. Während unseres Tests pendelte sich der Durchschnitt bei durchaus respektablen 12,5 Litern ein - das alles (nicht vergessen!) bei einem Gewicht von knapp 2,8 Tonnen. Das Gewicht macht sich naturgemäß auch in Kurven bemerkbar. Ein adaptives Dämpfersystem sorgt dafür, dass sich die Wankneigung in Grenzen hält. Wem das alles zu unsportlich ist, dem sei gleich der Griff zum Range Rover Sport empfohlen.

Abschließend noch ein Blick auf die Platzverhältnisse. Fünf Passagiere finden bequem Platz, die Ausmaße des Kofferraums sind sonst nur in einem Lieferwagen zu finden. In Standardkonfiguration lassen sich 994 Liter verstauen, bei umgelegten Rücksitzen sind es rekordverdächtige 2.099 Liter. Und dennoch sind es vermutlich andere Gründe, warum sich jemand einen Range Rover zulegt…

Testurteil:

Plus: sehr gute Verarbeitung; innovatives Dual-View-Display; kräftiger Motor; akzeptabler Verbrauch; hilfreiches Kamera-System

Minus: unhandliche Abmessungen; anfangs gewöhnungsbedürftiges TFT-Display; kein Keyless-Entry

Unser Eindruck:
Verarbeitung: 1
Ausstattung: 2
Bedienung: 1-2
Komfort: 1
Verbrauch: 2
Fahrleistung: 2
Sicherheitsausstattung: 1

Resümee: Land Rover hat den Range Rover im Modelljahrgang 2010 im Detail abermals verfeinert. Besonders der Dual-View-Bildschirm sowie das Kamerasystem haben großen praktischen Nutzen, der Achtzylinder-Turbodiesel ist nach wie vor souverän. Wem die Power nicht reicht: Ab 133.820 Euro gibt’s den 5.0 Supercharged mit satten 510 PS.