VW Golf Blue-e-motion: Fahrbericht im Elektro-Golf

Erste Ausfahrt mit dem Elektro-Golf! Knackpunkt zur Serienreife sind einmal mehr die Batterien, bis 2013 soll ein Akku mit ausreichender Kapazität entwickelt sein.

Er lässt sich fahren wie ein normaler VW Golf und ist doch ganz anders: Der Golf Blue-e-motion mit Elektromotor. Volkswagen verspricht mit dem kompakten Stromer ab 2013 emissionsloses, aber kein emotionsloses Fahren. Vom Motorstart ist nichts zu hören, nur die Anzeige im Armaturenbrett signalisiert, dass es losgehen kann. Ein solider Tritt auf das Gas- beziehungsweise Strompedal reicht und der Golf mit Elektromotor prescht vehement nach vorn. Leise und schnell zieht das Aggregat mit dem einstufigen Getriebe den Fronttriebler mit einer maximalen Leistung von 85 kW/115 PS und einem aus dem Stand verfügbaren Drehmomentmaximum von 270 Nm nach vorn. Die Beschleunigung aus dem Stand auf 100 km/h fühlt sich aufgrund des ruckfreien Vortriebs deutlich schneller an als die gemessenen 11,8 Sekunden. In der ganzen Zeit ist nicht mehr als ein leises Surren aus dem Motorraum zu hören. Serienstart 2013? Doch selbst das soll bis zum Serienstart 2013 verschwunden sein. Ansonsten sind nur der Fahrtwind und die Abrollgeräusche der Reifen zu vernehmen. Diese werden auch bis zur Höchstgeschwindigkeit von 135 km/h nicht wesentlich lauter. Fahren lässt sich die E-Variante des beliebten Kompaktfahrzeugs aus Wolfsburg wie ein ganz normaler Golf. Federung, Kurvenverhalten und Sportlichkeit entsprechen dem bisherigen Serienmodell. Neben dem Antrieb sind noch ein paar Dinge anders, beispielsweise die Bremsen. Sie packen nicht nur beherzter zu als in den Versionen mit Verbrennungsmotor, sie liefern auch Energie für die Lithium-Ionen-Akkus, die dem E-Motor den Saft geben. 40 Prozent Bremsenergie-Rückgewinnung (Rekuperation) sollen erreicht werden.

Je nach Fahrmodus zwischen 68 und 115 PS Dabei helfen drei Fahrmodi, die mittels Schaltwippen am Lenkrad ausgewählt werden können. So stehen im "Comfort+"-Modus die vollen 85 kW/115 PS Leistung zur Verfügung. Wählt man den Modus "Normal" aus, wird die Leistung auf 65 kW/88 PS reduziert. Eine Stufe weiter, im "Range+"-Modus wird die Leistung auf 50 kW/68 PS gedrosselt und die Klimaanlage schaltet sich ab. Zudem wird das Fahrzeug eingebremst und Energie gespart beziehungsweise zurückgewonnen. Wann Bremsenergie zurückgewonnen oder die Batterie des E-Motors gefordert wird und über welche Distanz die Energievorräte noch reichen, lässt sich auf dem Display des Navigationssystems in der Mittelkonsole ablesen oder auf dem kW-Meter, der anstelle eines Drehzahlmessers eingebaut wurde. Die Batterie besitzt eine Kapazität von 26,5 kWh. Der aus 180 einzelnen Zellen bestehende Speicher ist unter der Rückbank und im einstigen Getriebetunnel verteilt. Mit 315 Kilogramm Eigengewicht gleichen die Akkuzellen die Gewichtseinsparungen beim 80 Kilogramm leichten E-Motor mehr als aus. Knackpunkt Batterie Mit insgesamt 1.545 Kilogramm ist der E-Golf mehr als 200 Kilo schwerer als der herkömmliche Kompaktklässler von VW. Die Antriebsbatterie ist derzeit noch der größte Schwachpunkt des Fahrzeugs, da bislang keine Serienversion des Energielieferanten in Sicht ist. Bislang hat VW den im Prototypen verbauten Akku konstruiert. Dies sei hauptsächlich geschehen, um das Wissen im eigenen Haus zu generieren und künftige Zulieferer bei der Konstruktion geeigneter Serienakkus besser beurteilen zu können, erklärt der Hersteller. Um die Stringenz der Elektromobilitätsforschung bei VW zu unterstreichen, werden Beispiele aus der Historie bemüht, wie etwa der Golf City Stromer von 1993. Dieser wurde noch von einer Blei-Gel-Batterie gespeist und aufgrund der hohen Kosten nie ein Erfolg. Die Zeit sei nicht reif gewesen, erklären die Wolfsburger, die Forschung nicht weit genug und die Notwendigkeit aufgrund damals unendlich erscheinender Rohstoffreserven nicht gegeben.

All das ist nun anders: Die Ölvorräte neigen sich dem Ende, fossile Brennstoffe sind nur noch zeitlich begrenzt vorhanden und eine Alternative muss her. Das treibt anscheinend die Forschung voran - so sehr, dass bis 2013 ein serienreifer Lithium-Ionen-Akku für den E-Golf zur Verfügung stehen soll. Da darf man sich überraschen lassen. Auch die Lademöglichkeiten der Batterie stehen noch in den Sternen. Zwar besitzt der E-Golf unter dem VW-Logo im Kühlergrill eine Steckdose, über die mittels Ladekabel das Fahrzeug "aufgetankt" werden kann. Doch nicht jeder Autofahrer besitzt eine Garage mit Steckdose und eine Stromtankstellen-Infrastruktur ist weder vorhanden, noch konkret geplant. Ihre Notwendigkeit ist unbestritten, doch wie sie aussehen soll und wer das kostenträchtige Projekt vorantreibt, ist unklar. Hier stößt VW in das gleiche Horn wie viele Automobilhersteller und fordert, dass Industrie und Politik an einem Strang ziehen müssen. Ein gemeinsames System sei dabei ebenso denkbar, wie die staatliche Förderung - sowohl beim Netzausbau, als auch in Form einer Kaufbezuschussung des E-Fahrzeugs. Einbußen beim Kofferraum Neben diesen nicht unerheblichen Ungewissheiten, die binnen drei Jahre geklärt sein müssen, hat der Käufer des E-Golf auch noch Einbußen beim Kofferraumvolumen hinzunehmen. Aufgrund der Akkus im Unterboden, ist der Laderaumboden erhöht. Der Kofferraum des E-Golf schrumpft dadurch um 38 auf 237 Liter. Das ist für den Alltag zwar noch ausreichend, aber für den Kinderwagentransport wird es da schon eng. Doch was sind solch praxisnahe Probleme des zukünftigen E-Golf-Fahrers gegen die Entwicklungs- und Forschungsherausforderungen, vor denen Volkswagen derzeit steht. Drei Jahre können sehr kurz sein.

mid/kosi