Aprilia Dorsoduro 750 Factory - Testbericht

Rassige Optik und bissfreudige 92 PS: Das Zweizylinder-Funbike gibt es auch in der bestens ausgestatteten Edelversion Factory.

Für den Betrag von 10.498 Euro - wer ein ABS will, darf sich von 10.995 Euro trennen - bekommt man ein Motorrad, das konsequent auf einen Einsatzbereich ausgerichtet ist, nämlich den Spaß auf der Landstraße. Das verkündet schon die puristische Silhouette im Supermoto-Stil, die durch zahlreiche Kohlefaser-Teile wie den vorderen Schmutzfänger und die seitlichen Lufthutzen einen edlen Touch bekommt.

Aprilia dorsoduro test 2(Bildquelle: mid/rkm)

Der moderne Verbundrahmen ist zweifarbig gestaltet, das Stahl-Gitterrohrgeäst prangt in Rot, die Leichtmetall-Gussteile sind in Schwarz gehalten. Einen würdigen Kontrast bietet die goldene Upside-Down-Gabel an der Front, als Augenweide der besonderen Art entpuppt sich das rechter Hand frei liegende Federbein. Herzstück des Landstraßen-Tieres ist der flüssigkeitsgekühlte 90-Grad-V-Motor mit 750 ccm Hubraum, ein in der Zweiradwelt derzeit einzigartiges Aggregat. Die hochmoderne Konstruktion bringt es mit Vierventiltechnik und zwei obenliegenden Nockenwellen auf respektable 68 kW / 92 PS. Ein früh nutzbares Drehmoment von 82 Newtonmetern macht den Motor zum Quell der Fahrfreude. Als Besonderheit werden die Drosselklappen nicht direkt vom Gaszug bewegt, sondern elektronisch gesteuert. Etwaige Kritik an anderen Motorrädern mit vergleichbaren Systemen lässt die Dorsoduro kalt: Bei ihr passiert die Umsetzung der Fahrerbefehle sehr spontan und direkt, der Motor hängt tadellos am Gas. Schon beim leichtesten Dreher am Griff zeigt die feurige Italienerin eine quirlige Drehfreude. Der Vorwärtsschub geschieht zwar nachdrücklich, aber gleichmäßig und beherrschbar, mit Ausnahme eines kaum spürbaren Einbruches zwischen 5.000 und 6.000 Umdrehungen.

Kein Stadtkind

Aprilia dorsoduro test 3(Bildquelle: mid/rkm)

Wird die Dorsoduro bauartgerecht eingesetzt, mit vielen Zwischensprints und Beschleunigungsphasen, hat das Fahrerlebnis Suchtpotential. Gondelt man dagegen mit ihr im unteren Drehzahlbereich durch die City, zeigt sie mit rumpeligem Laufverhalten ganz klar, was sie davon hält. Den Stadt-Modus gibt es also nicht, dafür drei weitere Fahrmodi in einem in dieser Klasse einzigartigen System, mit dem der Fahrer die Charakteristik der Leistungsentfaltung beeinflussen kann. Sport, Touring und Regen stehen zur Verfügung, die sich vor allem durch das Ansprechverhalten des Motors unterscheiden. "Touring" ist für flotte Bewegung völlig ausreichend, im "Sport"-Modus zeigt die 750er dann ihr wahres Gesicht, sie wirkt aggressiv und angriffslustig. Bei guten äußeren Bedingungen wird niemand auf den Gedanken verfallen, den Regenmodus zu aktivieren, zu langweilig fällt das Fahren dann aus. Bei Nässe jedoch wird mancher Einsteiger das sanfte Ansprechen und langsame Hochdrehen zu schätzen wissen. Aber auf unserer Testrunde im Hinterland der Cote d'Azur stehen die Zeichen auf "Sport", damit das mit einstellbaren Federelementen und brachialen Wave-Bremsscheiben bewehrte Fahrwerk zeigen kann, was es kann. Und das ist eine Menge!

Getting lost in France

Aprilia dorsoduro test 4(Bildquelle: mid/rkm)

In aufrechter Sitzhaltung dirigiert man die leichte Dorsoduro durch die engen Radien der verlassenen französischen Landstraßen. Sie gehorcht aufs Wort, trotz breiter Sechs-Zoll-Felge hinten erfreuen Agilität und präzises Einlenken. Die teure einstellbare Gabel und das Federbein mit Ausgleichsbehälter machen sich bezahlt, sie bringen satte Straßenlage und ein gutes Feedback. Die giftigen radial angebrachten Vierkolbenzangen aus dem Hause Brembo nehmen die Wave-Scheiben derart in die Mangel, dass der lange Federweg der Gabel schnell aufgebraucht ist. Ungeübten wird das Aufpreis-ABS ans Herz gelegt. Neben dem grandiosen Fahrspaß erfreut die Aprilia mit edlen Details und sauberem Finish. Ob die Doppelschalldämpfer mit der mittigen Leuchte im Heck, die exakte Verarbeitung der Kohlefaser- und Kunststoffteile oder die elegante Leichtmetallschwinge am Hinterrad - die Dorsoduro ist aus allen Blickwinkeln überaus attraktiv. Dafür muss man exakt 500 Euro mehr springen lassen als für die Basis-Dorsoduro, aber das geniale Fahrvergnügen dank der tollen Federelemente und brachialen Bremsen ist den Aufpreis wert. Vorausgesetzt, man möchte ein so kompromissloses Spaßgerät überhaupt haben.

mid/rkm

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