Aprilia RSV4 R - Fahrbericht

Superbike für jedermann

Die noble Factory-Version hat beim Superbike RSV4 von Aprilia enorme Begehrlichkeit unter den Superbike-Fans geweckt. Nun ist die Basis-Version mit Namen RSV4 R fertig, die sich im Wesentlichen nur fahrwerksseitig vom Edel-Erstprodukt unterscheidet. Statt feinster Öhlins-Ware wie an der "Factory" wurden Produkte von Showa und Sachs verbaut. Dadurch und durch Verzicht auf einige Karbonteile gelang es, den Preis von gut 20.000 Euro auf rund 15.500 Euro zu reduzieren. Ein faires Angebot, denn mit diesem Preis, ihrer sehr guten Performance und der Aussicht, dass bereits 2011 ein rennstreckentaugliches ABS zu bekommen sein soll, besitzt die nominell 132 kW / 180 PS leistende RSV4 R eine sehr erfolgversprechende Ausgangsbasis für die Zukunft.

Der sehr kompakte V4-Motor ist mit dem der Factory-Version identisch: Alles allerfeinst, vom Ride-by-Wire-System bis zur Antihopping-Kupplung. Freilich sind 180 PS aus nur knapp 1.000 ccm Hubraum eine stolze Angabe. Subjektiv fühlte sich die R-Version bei der kurzen Präsentation auf der Ferrari-eigenen Rennstrecke von Mugello jedenfalls gut bei Kräften an. Leider stellten sich die laut Aprilia "extra für die Medien aufgebauten 30 Motorräder" als nicht sehr haltbar heraus: Nach dem ersten Vormittag des auf drei Tage angesetzten Events musste die Veranstaltung aus Sicherheitsgründen abgebrochen werden, weil an fünf Motoren Pleuel gebrochen waren. "Zuliefererfehler" hieß es von Aprilia. Eigentlich war man davon ausgegangen, auf einem Serienbike zu sitzen - insbesondere deshalb, weil der Motor ja bekannt ist. Dennoch überzeugt sowohl die voll einstellbare Showa-Gabel wie das ebenfalls komplett einstellbare Sachs-Zentralfederbein. Fraglich bleibt derweil, ob die minimale Gewichtsersparnis durch die geschmiedeten Leichtmetallräder sowie die paar Karbonteile und die Racing-Lackierung tatsächlich 5.000 Euro Aufpreis wert sind. Im Konzert der Superbikes , in dem in Deutschland aktuell Hondas Fireblade mit Race-ABS den Ton angibt, wirkt die RSV4 R jedenfalls keinesfalls unterlegen. Das gilt auch, obwohl ihr wahres Gewicht momentan noch unbekannt ist, das laut Hersteller ohne Batterie und Betriebsstoffe bei 184 Kilogramm liegt.

Einen besonders guten Stand dürfte die RSV4 R haben, wenn die ABS -Entwicklung, zu der sich nach dem Honda-Vorstoß und den diesen Herbst folgenden BMW-Aktivitäten alle Hersteller gezwungen sehen, für 2011 schon abgeschlossen sein sollte. Zudem könnte sie auch vom Einstieg Aprilias in die MotoGP-Klasse profitieren, der nach internen Aussagen des Konzern-Vorsitzenden beschlossene Sache, aber noch nicht terminiert ist. Insgesamt ist die RSV4 R nicht zuletzt wegen ihres betörenden V4-Sounds ein faszinierendes Superbike. Aprilia sei gewünscht, den misslungenen Start demnächst ausgleichen zu können.

Michael Ringer / mid