Ducati Streetfighter 848 - Testbericht

Die kleine(re) Nackte aus dem italienischen Edel-Stall ist überhaupt nicht klein, wenn es um den großen Spaß und die große Freude an der forcierten Fortbewegung geht.

Die "kleinen" Versionen haben bei Ducati Tradition. Es gab zur Supersport 900 eine 750er, es gab zur 916/916 eine 748er, es gab zur 999 eine 749er, und es gibt zur 1098/1198 eine 848er. Warum sollte das nicht auch unter den Nackten, und damit sind nicht die Monsters gemeint, auch funktionieren, dachten sich die Bologneser. Und stellten, siehe oben, der großen Streetfighterin die kleine zur Seite. Nämlich auch deshalb, weil die Verständigung mit der 1098er eine ist, die - vor allem für nicht an Ducatis Herangewachsene - etwas schwierig sein kann, weil sie nicht unbedingt für unbedingte Umgänglichkeit bekannt ist. Eine Anforderung, welche die 848er-Straßenkämpferin erfüllen soll, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine Ducati grundsätzlich eine Diva ist.
Diven reden ja nicht mit jedem auf Anhieb. Doch wenn man sich mit ihnen auseinander- und zusammensetzt, dann kann eine Freundschaft auf Ewigkeit oder zumindest für sehr lange Zeit entstehen. Das trifft auf so gut wie alle Modelle zu. Besonders auf die aus der Supersport-Abteilung, für die das Wort "super" eigentlich zu schwach ist. Da passt schon besser "hyper", weshalb es ja auch eine Hypermotard gibt, die aber wiederum eine von jenen Ducatis ist, die recht leicht zu verstehen sind.

Ähnlich verhält es sich mit der Jüngsten aus Borgo Panigale: der Streetfighter 848. Sie ist - analog zur großen Schwester, der Streetfighter 1098 (mit 155 PS) - im wesentlichen eine gestrippte Version der Supersportlerin gleicher Nummern-Nomenklatur. Im wesentlichen, denn die Geometrie blieb fast zur Gänze gleich: 24,5° Lenkkopfwinkel, breitere Fußrasten, 20 mm höherer Lenker. Sie ist 2.120 mm lang, 890 mm breit, bei einem Radstand von 1.475 mm. An den Bremsen kommen 320er-Scheiben zum Einsatz, die Sättel sind natürlich radial montiert. Der Einarmschwinge verpasste man eine modifizierte Kontur. Die Sitzhöhe misst 840 Millimeter. Das ist nicht hoch, weil die Sitzbank stark tailliert und damit sehr schmal ist, sich nahtlos an den ebenfalls schmal konturierten 16,5-Liter-Tank schmiegt. Ihr Antriebs-Herz ist der Testastretta 11°-V2 mit 132 PS bei 10.000 U/min und einem Maximal-Drehmoment von 93,5 Nm bei 9.500 U/min. 169 Kilo bringt sie trocken auf die Waage. Befüllt mit allen Flüssigkeiten bleibt sie damit immer noch deutlich unter 200 Kilo fahrfertig.

Denn es kann schon passieren, dass sie an einem der bereits etwas kühleren Spätsommermorgen sich beim Starten erst einmal freihusten muss. Oder es kann auch vorkommen, dass sie im Zuge der Einleitung eines Abbiege-Vorganges beschließt, doch noch nicht rund zu laufen und kurz einmal muckt und zickt, ruckelt und zuckelt. Das gibt sich aber, sobald sie sich warmgelaufen hat. Was sie auch dann nicht mag, das sind zu niedrige Drehzahlen. Dann scheppert und meckert sie gerne. Sie verlangt nach Präzision. Und Aufmerksamkeit. Sie ist - eben - eine Diva.

Mit diesem Basiswissen ist es dann nicht mehr schwierig, sich mit der kleinen Streetfighterin zu verständigen. Besonders dann, wenn man den Vergleich ziehen kann zur großen. Mag sein, dass 132 PS und 93,5 Nm nicht denselben Punch bieten wie 155 PS und 115 Nm. Das kann jedoch durchaus gesund sein. Fürs Geldbörsel. Denn was die Große kaum kann, bringt die Kleine zuwege: einigermaßen gesetzeskonforme Fortbewegung. Man ist nicht so blitzartig in der Einzahl-Zone. Auch will die Kleine durchaus ums spitze Gasselwerk-Eck, ohne dass man sie dazu zwingen muss. Die - leider - notwendige Autobahnwertung absolviert sie unnervöser als die 1098er, wobei der stadtnahe Abschnitt der Wiener Flughafenautobahn mit beiden gleich grauslich zu fahren ist. Da hilft keine Fahrwerks-Justierung, das hupft und schupft einen, das kann man nur ausstehen, bleibt man sitzen ächzen die Bandscheiben und wackeln die Plomben.

Da hilft nur eines: wenn schon nicht auf die Rennstrecke (was sie sehr gerne mag), dann raus auf die Landstraße, am besten dort, wo kaum die Vertreter der Rennleitung stehen. Ins freie Kurvengeläuf, da gehört sie hin, die kleine Streetfighterin. Da zickt und muckt sie gar nicht, solange die Drehzahlnadel um den Sechstausender und darüber schwingt. Die paar Touristenbusse, Wohnmobile, Wohnwagengespanne und so weiter, die wochentags durchs Helenental wackeln, die schnupft sie mit links. Auf der Hausstrecke kennt sie sich sowieso gleich aus, zum Beispiel im Mariazeller Land. Sie mag durchaus auch das ganz enge Winkelwerk, sofern’s dort nicht zu holprig und ruppig ist. Man muss sie nur laufen lassen. Und akzeptieren, dass sie eine Straßenkämpferin ist und kein Touren- sowie Paradier-Eisen. Letzteres schon - aber keinesfalls auf die Schritt-Tempo-Manier.

Der Preis der 848er-Streefighter in der bereits hochfeinen Normal-Ausführung: 14.895 Euro. Die S-Version kostet 21.995 Euro. Für die 7.100 Euro Mehrpreis bekommt man vieles mehr: ein voll justierbares Öhlins-Fahrwerk (statt Marzocchi und Sachs, voll einstellbar), Brembo-Monoblock-Bremsen, diverse Carbon-Komponenten und dazu auch noch etwas weniger: nämlich weniger Gewicht. Zwei Kilo sind’s. Kein Aufpreisposten ist die Traktionskontrolle DTC. Die ist bei beiden Versionen serienmäßig an Bord.

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