KTM 690 Duke IV - Testbericht

Die Mattighofener haben die neue Einzylinder-Herzogin, die Nr. vier in ein anderes Segment dirigiert. Weg vom bisherigen Zwitter- zum reinen (Asphalt)-Straßen-Status.

Die KTM Duke IV hat sich gegenüber der III-er stark verändert. Optisch und auch in ihren Eigenschaften. Sie ist vom Zwitterwesen - irgendwo zwischen Supermoto und Straßen-Enduro - zum reinen Naked Bike mutiert. Eines, das im trendigen Segment der Mittelklasse-Eisen positioniert ist. Wobei das keineswegs als mittelklassig zu interpretieren ist. Angesichts von 70 PS (fünf mehr als bisher) bei (nach wie vor) 160 Kilo Fahrfertiggewicht ist der Begriff mittlere Klasse ein relativer.

Manche mögen meinen, die Einzylinder-Herzogin wäre nun weniger wild, milder, um nicht zu sagen allgemeingültiger geworden. Das mag sein. Denn die Zielgruppen-Ziele sind weiter gesteckt als bisher. Mit dem Slogan der Härte - "wenn du zu schwach bist, dann fahr was anderes" - ist der Kreis der Kanten-Kandidaten auf die Dauer doch etwas eingeschränkt. Das schreckt nicht nur viele Mädels davon ab, auf eine KTM zu setzen, auch Burschen trauten sich häufig vor lauter Ehrfurcht nicht an die Mattighofnerinnen heran.

Auch deshalb ist die Sitzhöhe der Neuen reduziert, der Sattel ist - serienmäßig - nun nur noch 835 Millimeter hoch (vorher: 865), und mit einer Sitzhöhen-Reduktion kann man ihn noch weiter, auf 800 mm, (ab)senken. Zur niedrigeren Sattelhöhe ist jedoch anzumerken, dass die Bank deutlich breiter, damit auch bequemer geworden ist, was von der Höhen-Reduktion ein wenig wegnimmt.

Ok. Sie hat eine mildere Figur. Auf den Motor trifft "milder" jedoch ganz und gar nicht zu. Mit nunmehr den vollen 690 Kubikzentimetern Hubraum und einer Leistung von 70 PS (bei 7.500 U/min) sowie 70 Nm Maximal-Drehoment (bei 5.500 U/min) ist er ein richtiger wilder, noch mehr als bisher und gefühlt auch noch um ein Eck drehfreudiger als in der 690 Duke III R.

Abgesehen vom stark geänderten Outfit und der niedrigeren Sitzhöhe hat KTM an Fahrwerk und Geometrie gründlich eingegriffen. Alleine die Sitzposition unterscheidet sich wesentlich von der Vorgängerin. Sie ist, obwohl deutlich integrierter als bisher, um keinen Deut weniger fahraktiv. Im Gegenteil, sie wirkt noch agiler und noch williger und direkter im Einlenkverhalten.
Behalten hat sie die Antihopping-Kupplung. Dafür hat sie jetzt: ABS. Serienmäßig. Damit ist KTM auf der - als notwendig verordneten - Höhe der Zeit. Immerhin: Die Antiblockier-Unterstützung der nach wie vor superben Bremsen ist abschaltbar.

Milder geworden ist die Duke IV in einem Punkt, der schon bisher gar nicht wild war: beim Verbrauch. Nach einer flott gefahrenen gemischten Runde - 250 km in vier Stunden, ohne Tank- dafür vier Foto-Pausen - meldete sie noch lange keinen Benzin-Nachholbedarf an. Werksseitig wird der Verbrauch mit 3,5 bis vier Litern auf hundert Kilometern beziffert. Das Sprit-Reservoir fasst 14 Liter (ca. drei l Reserve). Damit ist eine Reichweite von mehr als 300 Kilometern pro Tankfüllung ganz locker drin. In Zeiten wie diesen ein starkes Argument.

Vom bisherigen Preis der Duke - 9.998 Euro - gehen eineinhalb Tausender ab. Um die jetzigen 8.498 Euro geht einem nicht viel ab. Ausgenommen: das nicht mehr voll einstellbare Fahrwerk, welches im Prinzip stimmig und genau richtig ist. Außer, wenn man zur Untergewichtigkeit neigt, und um gut dreißig Kilo weniger hat als die aufs allgemeine Durchschnittsgewichts-Niveau fix abgestimmte Federung/Dämpfung. Justierbar ist nun nur noch die Vorspannung des Federbeins. Abgesehen davon sind alle Komponenten - siehe Bremsen! - wie gewohnt pipifein. Und das Fahrwerk kann man mit einer Reihe von Goodies aus dem reichhaltig bestückten Powerparts-Katalog gewichts- und bedarfsgerecht individuell komponieren.

Am Schluss noch eine Anmerkung: Zugegeben, die neue Optik der 690 Duke war der Autorin anfangs nicht ganz geheuer. Doch man gewöhnt sich schnell ans modifizierte Outfit. Sehr schnell. So rasch, dass die Dreier-Duke dagegen plötzlich sogar ein wenig alt(backen) aussieht.

Kommentare