Triumph Thunderbird im Test

Wenn der Donnervogel tief fliegt, dann kommen die lässigen Cruiser auf ihre Kosten.

Mit der Thunderbird beweist der britische Motorradhersteller Triumph erneut, dass er keine Bange vor großen Hubräumen hat. Das faszinierende Bike besitzt 1,6 ccm Hubraum auf zwei Zylindern verteilt. Klassisch aufrecht in Reihe der Motor, lässig opulent das Styling: Freunden großformatiger Cruiser erschließt die bei 16.490 Euro startende Thunderbird völlig neue Möglichkeiten. Wer bislang nach einem voluminösen Zweizylinder Ausschau hielt, griff automatisch zum V2 aus japanischer oder US-amerikanischer Produktion. Nun bietet aber auch Triumph ein passendes Zweirad und schließt damit zugleich die Lücke, die bislang zwischen den verschiedenen Bonneville-Varianten und der Rocket III mit ihrem 2,3-Liter-Dreizylinder klaffte.

Erstmals als Thunderbird bezeichnet wurde die Triumph 6T von 1951 , die in der Klassikerszene einen ausgezeichneten Ruf genießt. An den sollte der neue "Donnervogel" anknüpfen, weshalb die Ingenieure aus dem Vollen schöpfen durften. Resultat ist erneut ein Superlativ, denn in der Thunderbird kommt der weltgrößte Paralleltwin zum Einsatz. Der komplett neue, drehmomentstarke T-16-Motor mit 1 600 ccm Volumen leistet nicht nur 63 kW / 85 PS , sondern liefert auch ein maximales Drehmoment von 146 Nm bei 2 750 U/min. Dadurch stürmt die Thunderbird mit Vehemenz voran. Der gelungene Twin wird über zwei Drosselklappenkörper mit 42 Millimetern Durchmesser mit Treibstoff versorgt sowie einem durchaus pfiffigen elektronischen Einspritzsystem, das jenem der Daytona 675 ähnelt. Behutsames Öffnen des Gasgriffs sorgt für eine gelassene Kraftentfaltung, wie sie ideal zum gediegenen Cruisen passt. Bei Bedarf erkennt die Steuerung jedoch auch einen rasch geöffneten Gasgriff, und stellt dann den maximal möglichen Vortrieb bereit, was ein mehr als nachdrückliches Beschleunigungserlebnis garantiert. Schon kurz oberhalb der Standgasgrenze entwickelt der flüssigkeitsgekühlte Zweitopf ein beachtliches Temperament, ohne dass dies den Verbrauch ins Unermessliche steigen lässt. Die mit Katalysatoren und Sekundärluftsystem ausgerüstete Triumph begnügt sich mit 5,3 Litern Superbenzin auf 100 Kilometer.

Zu verdanken ist dies auch dem lange übersetzten sechsten Gang, der Tempo 120 bei nicht einmal 3.000 Umdrehungen ermöglicht. In Kombination mit dem nicht abschließbaren 22-Liter-Tank sind Reichweiten von über 400 Kilometern möglich; mit ein wenig Feingefühl können es auch erheblich mehr sein. Eine gute Versicherung stellt das seit Spätsommer angebotene ABS dar, das für 600 Euro Aufpreis erhältlich und zu empfehlen ist. Immerhin bringt die Thunderbird schon im Leerzustand ihre 339 Kilogramm Lebendgewicht auf die Waage, die bei aller Beschleunigungsgier auch verzögert werden möchten.

Ohnehin setzt der entspannte Ritt auf dem Donnervogel schon ein gerüttelt Maß an Erfahrung voraus, auch wenn die Thunderbird nicht ganz so ungestüm ist wie die große Schwester namens Rocket. Entsprechend gibt sich die mit einem Radstand von 1,62 Metern daherkommende Triumph auch ein gutes Stück handlicher, solange man es nicht auf wilde Kurvenräubereien abgesehen hat oder Wendemanöver in engen Gassen vollführen muss. Dafür ist die Britin definitiv die falsche Wahl. Viel lieber verwöhnt sie auf Landstraßen den Menschen im 70 Zentimeter hohen Gestühl mit sattem Cruiserfeeling , das angesichts des moderaten Verbrauchs als Genuss ohne Reue gelten darf, auch wenn der Alltagsnutzen beispielsweise in Sachen Transportmöglichkeiten eingeschränkt ist. Aber wer denkt schon an so etwas, wenn er mit dem weltgrößten Paralleltwin auf Tour geht. Klassisch stilvoll und doch ganz eigenständig eröffnet die Thunderbird eine völlig neue Welt des gesteigerten Hubraumvergnügens jenseits bekannter Motorenkonzepte. Die Thunderbird ist genau das richtige Ross für lässige Reiter .

mid/wa