Steigende Kosten eröffnen Chancen für Billigautos

Weltweit entwickelt sich ein völlig neues Marktsegment für Billigstautos unter 6.000 Euro

In den letzten Jahren sind die Kosten rund um das Autofahren deutlich stärker als das Einkommen der Österreicher gestiegen . Hauptkostentreiber sind die stark gestiegenen Treibstoffpreise . Konsumenten müssen heute ca. 50 Cent pro Liter mehr für Diesel ausgeben als im Jahr 2000. Eine neue Studie der Topmanagement Beratung A.T. Kearney erkennt erste Veränderungen im Kaufverhalten und zeigt, wie Hersteller von Billig- und Billigstautos darauf reagieren.

Vor allem lange etablierte Marken sowie Hersteller aus Osteuropa sind in diesem Segment zunehmend erfolgreich. Weltweit entsteht ein vollkommen neuer Markt für Billigstautos. Bis 2020 wird dieses Marktsegment besonders in Indien und anderen asiatischen Ländern rasant wachsen. Chancen ergeben sich dadurch auch für Zulieferer. Österreichische Unternehmen haben auf Grund der Fokussierung auf das europäische Premiumsegment noch Aufholbedarf. Nur wer das Billigstsegment in Zukunft wirklich versteht, wird auf der Gewinnerstraße bleiben , so A.T. Kearney.

Billigautos unter 10.000 Euro sind für österreichische Konsumenten zunehmend attraktiv, denn in den letzten Jahren sind die fahrzeugbezogenen Kosten deutlich schneller als das Einkommen gestiegen. "Seit 2000 sind die jährlichen Betriebskosten in der Unteren Mittelklasse bei durchschnittlicher Fahrleistung um ca. 500 Euro gestiegen ", erklärt Studienautor Jörg Branschädel, Automotive Experte bei A.T. Kearney. Die Treibstoffpreise wuchsen in diesem Zeitraum um bis zu 40 % schneller als der PKW Kostenindex.

Sparmodell Billigauto

Bei Betrachtung der gesamten Autokosten kann bei einer durchschnittlichen Fahrleistung von 12.000 km pro Jahr der größte Spareffekt durch die Reduktion des Fahrzeugkaufpreises erzielt werden. Konsumenten neigen daher bei Neuanschaffungen immer häufiger zum Kauf von Billigautos. Das Wachstum des Segments mit den bisher meisten Billigautos, das Kleinstwagensegment , wird für die kommenden Jahre mit rund 17 % jährlich prognostiziert. Die A.T. Kearney Experten haben für die Segmente Kleinstwagen, Kleinwagen und Untere Mittelklasse die Basispreise der meistzugelassenen Fahrzeuge mit denen der billigsten verglichen. Dabei wurde besonders in der Unteren Mittelklasse ein großes Einsparpotential bei einem Umstieg auf Billigmodelle identifiziert. Bei einem Kauf können bis zu 5.600 Euro gespart werden. Durch den demzufolge deutlich reduzierten jährlichen Wertverlust ergibt sich trotz der in Österreich steigenden Betriebskosten ein jährliches Nettoeinsparungspotential von ca. 600 Euro . Konsumenten können somit durch den Kauf von Billigautos die Betriebskostensteigerungen überkompensieren.

Immer größeres Angebot und Markenvielfalt

In den letzten Jahren beschränkte sich das Angebot an Billigautos auf das Kleinwagensegment, z. B. Renault Twingo oder Mitsubishi Colt , sowie auf das Kleinstwagensegment wie den KIA Picanto oder Toyota Aygo . "Immer mehr Hersteller erkennen jetzt das große Marktpotential", so Branschädel. "Vor allem Unternehmen aus Osteuropa, wie Dacia oder Lada , verschärfen den Billigautowettbewerb und werden diesen in der nahen Zukunft auf die untere Mittelklasse ausdehnen." Mit Billigautos aus Indien und China ist aus Sicht von A.T. Kearney in den nächsten Jahren in Österreich noch nicht im großen Stil zu rechnen. "Etablierte Hersteller müssen in jedem Fall ihre Modellpolitik und Preisstrategien überdenken, um wettbewerbsfähig zu bleiben", so der A.T. Kearney Experte.

Vollkommen neues Marktsegment außerhalb Europas

Während in Österreich vor allem Fahrzeuge knapp unter 10.000 Euro verstärkt angeboten werden, entwickelt sich weltweit ein vollkommen neues Marktsegment für Billigstautos unter 6.000 Euro . Dieses Segment wird vor allem in Indien und dem Rest Asiens enorm wachsen. Die niedrigen Preise eröffnen den Herstellern den Zugang zu sehr starken neuen Käufergruppen von einkommensschwachen Konsumenten, die bisher vom Markt vollständig ausgeschlossen waren“, so A.T. Kearney Automotive Experte und Studienautor Dr. Rüdiger Pleines.

Neues Marktpotential auch für österreichische Zulieferer

Das neue Marktsegment der Billigstautos stellt für die Zulieferindustrie eine große Chance für zusätzliches Wachstum dar, vor allem im asiatischen Raum. "Österreichische Unternehmen haben dort zur Zeit aber eher eine schwache Ausgangsposition", so Pleines. "Aufgrund der bisherigen Fokussierung auf das europäische Premiumsegment fehlt oft der lokale Zugang zum Markt, um das Potential des Billigstsegmentes erfolgreich ausschöpfen zu können. Beim bisher bekanntesten Billigstauto, dem Tata Nano , sind beispielsweise praktisch keine österreichischen Firmen vertreten." Die Zusammenarbeit von europäischen Lieferanten wie Behr, Bosch, Continental, oder Mahle mit Tata zeigt, wie etwa durch sogenanntes "no frill engineering", Gewichtsreduzierung und Verwendung alternativer Werkstoffe , ein "Ultra Low Cost Car" (ULCC) auf bisher für unmöglich gehaltenem Preisniveau angeboten werden kann. "Da damit zu rechnen ist, dass dieses Wissen in Zukunft auch in höheren Segmenten Anwendung finden wird, ist es für österreichische Unternehmen erfolgsentscheidend, am Wissenstransfer teilzunehmen. Einblicke in diesen Markt müssen aber nicht zwangsweise durch eine direkte Teilnahme gewonnen werden, sondern können auch durch Kooperationen mit entsprechenden Partnern sichergestellt werden", so Pleines.

Quelle: A.T. Kearney

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